Totenkult: "Historische, friesische Grabsteine"
Die alten Grabsteine berichten nicht nur.
Sie erzählen Geschichten.
Und sie lassen uns wissen,
was im harten Leben der Verstorbenen wichtig war:
Glaube - Liebe - Hoffnung
Die Kirchhöfe von St. Johannis und St. Laurentii auf der Friesischen Insel Föhr
haben einen Bestand von mehreren hundert historischen Grabmalen. Seit Jahrhunderten haben
die Föhringer aus den Inseldörfern ihre Toten auf diesen Kirchhöfen bestattet.
Am Anfang wurden die Gräber mit einfachen Holzkreuzen oder Findlingen geschmückt;
einer der ältesten errinnert an die ´erbare und tugendsame Frouwe Ingge Rouwertsen
´ gestorben im Jahre 1620 (zwei Jahre nach Ausbruch des Dreißigjärigen
Krieges).
Um das Jahr 1700, als vermutlich durch den Walfang ein gewisser Wohlstand auf der Insel herrschte,
wurden aufrechtstehende Grabsteine Brauch. Oft konnten die Hinterbliebenen eines Verstorbenen
aber erst Jahre nach einer Bestattung einen Stein setzen lassen, wenn sie dazu finanziell in
der Lage waren. Manchmal wurden aber auch ältere Steine abgeschliffen und mit einer neuen
Inschrift versehen.
Die bildliche Darstellung und das Rahmenwerk der Grabsteine gaben symbolhaft Auskunft über
die Lebensauffassung, Beruf, Rang und Abstammung des Toten. Man erkennt Engel, Sinnbilder der
Gerechtigkeit, des Glücks, die Zeichen von Glaube (Kreuz), Liebe (Herz), Hoffnung (Anker),
stolze Schiffe, Mühlen, Höfe. Auf vielen Grabsteinen findet man den Familienbaum; die
Tulpen darin stehen für männliche, die anderen Blüten für die weiblichen
Familienmitglieder. Geknickte Blüten zeigen, das jemand vor dem Bestatteten verstorben war.
Die Inschriften erzählen in verdichteter Sprache eindrucksvoll von schlichten oder schweren
Schicksalen. Was in einem Menschenleben wesentlich ist, läßt sich auf einer 120 mal
60 cm großen Steintafel aufschreiben. Auf den Grabsteinen findet man keine Adelsnamen,
sondern nur solche von Fischern, Kapitänen, Bauern, Müllern. So kann man einen weit
zurückreichenden Blick in die bürgerliche, dörfliche Gemeinschaft werfen, die sich
aus zum Teil rührenden Schicksalen zusammenfügt.
Am Anfang steht häufig ein Leitspruch oder Bibelvers. Erfolge eines Verstorbenen werden genau
aufgezählt. Der nicht so Glückliche wird zumindest seiner Ehrbarkeit gelobt. Am Ende
findet sich immer die Bitte um den Segen Gottes:
J.S.G.G.S. Ihren Seelen Gott gnädig sei
I.S.S.G.G. Ihrer Seele sei Gott gnädig
D.S.G.G.S. Deren Seelen Gott gnädig sei
D.S.G.G.I. Deren Seelen Gott gnädig ist
G.S.S.S.G. Gott sei seiner Seele gnädig
Bilder: © Peter Martin, Jan/Feb 2001
Textquelle: "Die ganz alten Grabsteine", Ev.-Luth. Kirchengemeinde St.Johannis, Föhr
Fotografiert mit: Leitz Leica R4 +
Leitz Summicron 1:2,0/90mm / Elmarit R 1:2,8/28mm
+ Kodakcolor 100