Teil 10: Chile II
Arica > Iquique > Tocopilla > Calama > San Pedro de Atacama > Antofagasta > La Serena > Valparaiso. (Fr) 29.05.2015 bis (So) 07.06.2015 2.600 km ![]() Quelle: Google Maps (Fr) 29.05.2015 --- Tacna/PE > Arica/CL. Ich habe Puls Nach fünf Wochen in Peru erfolgt heute die Ausreise nach Chile. Heute nur ein kurzes Stück bis Arica, einem chilenische Badeort. Dafür muss ich morgen rund 400 Kilometer fahren ohne eine Übernachtungsmöglichkeit. Die Grenzanlage kommt näher. Erst erfolgt die Ausreise aus Peru (Reisepass scannen, Touristenkarte einziehen, Ausreisestempel, 3 Minuten), dann die Abmeldung des Motorrades beim Zoll (temporäre Erlaubnis einziehen und Fahrzeug in der Datenbank austragen). Der erste Beamte ist damit überfordert und gibt meine Papiere an seine Kollegin weiter. "Woher kommt das Motorrad? Aus Brasilien?" "Deutschland, Alemania!" ... Die Zollangestellte sucht fieberhaft in ihrem Computer ... "Brasil?" ... "No, Alemania." ... Suchen ... Da kommt es gerade recht, dass der überforderte Kollege den nächsten schweren Fall rüberreicht, der jetzt erst abgearbeitet wird. Ich warte ... "Brasil?" "Alemania!" ... Mittlerweile sind noch vier Leute in der Zollabfertigung. Die Angestellte kämpft jetzt mit der "Zulassungsbescheinigung I". Da kommt es gerade recht, das der Kollege wieder einen schwierigen Fall rüberreicht, der jetzt wieder vorgezogen wird. Ich platze gleich. Es sind etwa 45 Minuten vergangen. Wenn jetzt noch jemand vorgezogen wird, gehe ich über den Tresen und zeige ihr die Bedienung des Programms. Auch die anderen verdrehen schon die Augen. ... Ich sage noch einmal deutlich: "Republica Federal de Alemania" (Vielleicht steht ja Deutschland nicht unter "A" sondern unter "R") ... Ich warte ... Auf einmal zückt die Angestellte den Stift und unterschreibt und stempelt das Papier, das eingezogen wird. Auf meinem Laufzettel sind jetzt 2 von 6 Stempeln. Die erste Stunde ist rum. Manchmal kommt es mir vor, als wenn ich ein Außerirdischer von einem fremden Planeten bin und unter "U" wie UFO nichts hinterlegt ist. Als wenn ein Europäer mit eigenem Fahrzeug das erste Mal einen Grenzübertritt wagt. Alles Amateurhaft. Ich darf 500 Meter weiterfahren. Dazwischen muss ich für eine Kontrolle des Laufzettels anhalten, 200 Meter weiter nochmals eine Kontrolle mit Einzug des Laufzettels. Hinter mir hupt ein Peruaner, dem das alles wohl nicht schnell genug geht. Gleich werde ich sauer! ... Ausreise aus Peru erledigt. Jetzt geht's zur chilenischen Abfertigung. Erste Station: Desinfektion meiner "Kotflügel". Ich fahre weiter zum Grenzgebäude. Nächste Station: Einreise (Einreisekarte ausfüllen, Reisepass scannen, Einreisestempel auf Einreisekarte und in den Reisepass, 3 Minuten). ... Weiter zum Zoll ... Halt! ... Jetzt kommt ein Beamter von der Agrarbehörde und will wissen, ob ich Fleisch, Obst oder Gemüse transportiere. (Ne, iss klar ... auf dem Motorrad kann man noch ne Gemüsekiste verstecken). Ich verneine und lege das nächste Formular vor: eine Erklärung über mitgeführte Waren. Jetzt verlangt der Beamte, das ich mein komplettes Gepäck und die Koffer zum Scannen bringe. Das nimmt man mal nicht so einfach aus dem Kofferraum, sondern es ist auf dem Motorrad verzurrt und angeschlossen. Dauert immer rund zehn Minuten, bis alles aufgeschnallt ist. Hilft nicht ... alles runter und zum Scannen. ... Jetzt bin ich richtig sauer. Die Beamten am Scanner unterhalten sich über wichtige Sachen ... Und schauen noch nicht einmal auf den Bildschirm. Nach dem Scannen will ich mit meinem Gepäck durch die gleiche Tür zu meinem Motorrad zurück, ein Angestellter will mich auf einen anderen Ausgang auf der anderen Gebäudeseite verweisen. Ich ignoriere ihn und habe langsam Puls. Am Motorrad wartet jetzt schon wieder eine andere Angestellte. Sie möchte, dass ich die Motorradkoffer öffne. Ich öffne. Jetzt soll ich die Koffer auspacken. Ich stelle mich stur ... "Bitte" sage ich und zeige auf die Koffer. Ich selbst fasse nichts an. Jetzt kommt noch ein Kollege zur Hilfe. Beide stehen jetzt mit den Bierflaschen in der Hand in der Zollabfertigung. Die sind nämlich immer oben auf. Man nimmt noch einige Dinge aus dem Koffer, bis man alle Hände voll hat. Ich darf alles wieder einpacken. Jedes Teil hat seinen Platz, damit es nicht beschädigt wird und überhaupt in die Koffer passt. Dann noch die beiden Taschen aufschnallen. Die ganze Prozedur hat jetzt etwa 45 Minuten gedauert und natürlich nichts gebracht. Doch, den nächsten Stempel auf dem Laufzettel. Mittlerweile ist mir warm, weil man ja immer in voller Motorradmontur steckt. Und Puls ... Jetzt fehlt noch die temporäre Einfuhrerlaubnis. Nächster Schalter. Diesmal geht's zügig, die Beamtin überträgt mein Formular auf ein anders, Stempel, Unterschrift, Kopie an mich. Sie will auch keine "Zulassungsbescheinigung I" sehen. Ob ich mit dem Fahrzeug gleich weiterfahre oder ob es ein UFO oder Trecker ist, scheint egal. Hauptsache Papier und Stempel. Ich habe jetzt vier Stempel auf dem Laufzettel und kann endlich weiter. Diesmal hat die ganze Prozedur in Chile rund 90 Minuten gedauert. Mal wieder für Nix. Aber Arbeitsplätze von Amateuren gesichert. Die machen wahrscheinlich am Abend nen Sekt auf, wenn sie einen Apfel gefunden haben. Jetzt geht es weiter nach Arica im Norden von Chile. Vor vier Monaten war ich ganz im Süden von Chile, mehr als 7.000 Kilometer entfernt. Eines der längsten Länder der Erde. Das Hotel ist schnell gefunden, liegt am Strand aber auch mal wieder im "Nichts". Ich fahre noch kurz in die Innenstadt, suche den nächsten Geldautomaten und bekomme dort ohne Probleme eine größere Summe. Der Verkehr läuft eigenartig ruhig und entspannt. Niemand drängelt, keiner hupt, man wird in Lücken vorgelassen, alle halten an der roten Ampel. Eine Wohltat nach fünf Wochen in Peru (Erinnerung: dafür fährt man im Süden auf Schotter ziemlich rücksichtslos). Im Hotel gibt es noch eine unerfreuliche Diskussion um das Zimmer. Ich bekomme ein Zimmer zur "Stadtseite" mit Blick auf eine Grossbaustelle. In der Beschreibung stand aber "Panoramablick und das Meer". Angeblich habe ich so gebucht (auf dem Buchungsportal gibt es keine Auswahlmöglichkeit) und alle Zimmer zur Seeseite sind ausgebucht (ich zähle später 80 Fenster auf der Meerseite, wenige beleuchtet). So dreist bin ich auch noch nicht angelogen worden. Später möchte den Manager sprechen. Der lässt mich 15 Minuten warten. Ich habe vorher ins Büro geguckt. Kein Besucher, kein Telefonat. Und plötzlich könnte ich doch umziehen. Es sind gerade viele Gäste abgereist. Um 17:00 Uhr. Is klar ;-) ... Manche Hotels möchten eben unbedingt eine schlechte Beurteilung. Hatte ich jetzt schon öfters. Aber ich hatte auch ausgesprochen gute Unterkünfte und supernettes Personal. Meist die in der mittleren Preisklasse. (Sa) 30.05.2015 --- Arica > Iquique. In dem angeblich ausgebuchten Hotel ohne ein freies Zimmer auf der Seeseite (ich habe am Abend 80 Fenster auf der Seeseite gezählt) waren heute Nacht maximal 20 Personen. Wird ne extra schlechte Bewertung geben. Die Diskussion mit dem Hotelmanager gestern Abend hat nicht die erwartete Entschuldigung für die Lügen des Portiers gebracht. Natürlich war jemand plötzlich abgereist und ich hatte auf die Seeseite umziehen können. Am Abend. Alles Dunkel ab 17:30 Uhr. (Nachtrag: Schlechte Bewertungen und Anmerkungen gehen bei Booking.com in einen Moderationsprozess. Ich durfte auch andere schlechte Bewertungen von Gästen auf ihre Richtigkeit bewerten. Und die werden dann tatsächlich auf die Webseite eingestellt. Bei mir wurde anfangs eine Bewertung nicht veröffentlicht, weil das Hotelmanagement die Provision für Booking.com (ca 15%) auf den ausgehängten Preis aufgeschlagen hat. Ich dachte erst am Zensur, aber das Hotel war erst einmal für einige Zeit vom Portal verschwunden.) Die Straße geht vom Meer auf die Hochebene in etwa 1.500 Meter. Auf der heutigen Strecke liegen quer zu Fahrtrichtung mehrere Canyons. Die Straße wird im Canyon wie eine Rampe an der einen Seite bis auf Meeres höhe heruntergeführt, teilweise auch mal 20 Kilometer. Auf der Gefällestrecke gibt es immer wieder Not-Ausfahrten mit Kiesbett. Da muss man gute Nerven haben, wenn der 55-Tonnen-Truck durchgeht. Es geht am Grund des Canyon über den Fluss und auf der anderen Seite wieder auf die Hochebene. Heute fünf mal. Einer der Canyons hat mindestens die Ausmaße des "Grand Canyon" in den USA. Die Fahrt geht vorbei an allen möglichen Wüstenformationen und allen Farben. Allerdings ist auf der 280 Kilometer langen Strecke heute gar nichts. Einige Abzweigungen, einige Hütten. Keine Tankstelle. Kein Restaurant. Nichts. Die letzte Rampe führt mich nach Iquique an den Pazifik herunter. (So) 31.05.2015 --- Iquique > Tocopilla. Die Straße führt heute direkt Meer entlang. 200 Kilometer. Links die etwa 1.000 Meter hohen Berge, rechts der wilde Pazifik. Ansonsten Wüstenlandschaft. Kein Baum, kein Strauch, selten ein paar Verschläge oder einfache Häuser ohne Wasser und Strom. Ich komme an einem Hafen vorbei, in dem Schüttgutfrachter mit Salz von einem nahe gelegenen Salzsee beladen werden. Sonst nichts. Leute sammeln Seetang und trocknen diesen. Manchmal sieht man, wie ein LKW damit beladen wird. Kurz vor meinem Ziel Tocopilla liegt der "Golfclub Tocopilla" neben der Straße. Nur Sand. Die Bahnen sind mit farbigen Steinen markiert. Das "Green" ist aus Sand in einer anderen Farbe. Trostlos. Die Stadt hat einen Hafen für die Erzverladung der umliegenden Minen. Ansonsten ein paar Häuser vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Genauso trostlos wie der Golfplatz. (Mo) 01.06.2015 --- Tocopilla > Calama > San Pedro de Atacama. Heute Morgen geht es im Morgendunst zügig auf 1.400m. Neben der Straße eine Eisenbahntrasse für die Erzverladung. Von der Straße zweigen immer wieder Pisten zu Minen ab. Neben der Straße verläuft eine große Stromtrasse nach Calama. Hier ist die größte Kupfermine der Welt. Schon von weitem sind riesige Abraumhalden zu sehen. über allem liegt eine riesige Staubwolke. Später sehe ich von weitem "das Loch": 2 Kilometer Durchmesser und 700 Meter tief. Auf der Spirale nach oben bewegen sich Muldenkipper mit über 300 Tonnen Ladung. Die Mine wird rund um die Uhr betrieben. Es geht weiter nach San Pedro de Atacama. Am Horizont der Anblick einer gigantischen, schneebedeckten Bergkette, in der Ebene ein bunter Farbenmix. Einen kleinen Eindruck von Wüste gab es schon im "Death Valley", aber das hier übertrifft das bisher gesehene um ein Vielfaches. Einfach faszinierend. über einen letzten Pass geht es von 3.400 Metern nach San Pedro de Atacama runter. Der Ort hat 2.800 Einwohner und ist eine der größten Touristenattraktionen in Chile. Von hier aus kann man viele Touren in die Wüste unternehmen. Heiße Quellen, Vulkane, Geysire, Trekking, Mountainbiking, Touren nach Argentinien und Bolivien. Hier ist viel Jungvolk, sind Backpacker und Mountainbiker unterwegs. Aber es wird nach Sonnenuntergang furchtbar kalt. Und im Hostal gibt es keine Heizung. Dafür muss das Bier nicht gekühlt werden. 3 x Bilder Wüste
(Di) 02.06.2015 --- San Pedro de Atacama. Ruhetag ... Wärme mich nach einer kalten Nacht in der Sonne auf. (Mi) 03.06.2015 --- San Pedro de Atacama > Calama > Antofagasta. Am Morgen sind es nur 5 Grad. "Long John" Wetter. Es geht direkt noch höher und wird noch kälter. In der Landschaft hin und wieder ein Hauch von Schnee oder Reif. Vom 3.400 Meter hohen Pass kann man bis zum Windpark Calama in etwa 70 Kilometer gucken. Hier ist die Luft total klar. In dieser Gegend haben sich aufgrund der klaren Luft und wegen des fehlenden Umgebungslichtes mehrere Sternwarten eingerichtet. Später sieht sie Landschaft aus wie ein riesiger Sandkasten im Kindergarten. Nur die Bagger sind etwas größer. überall wird gebuddelt. Auf der Straße fast ausschließlich Fahrzeuge der Minengesellschaft. Ein Schwertransport kommt mir entgegen. Er fährt auf der Mittellinie und nimmt die komplette Strassenbreite ein. Mehrere Tieflader mit neuen Mulden für die großen Muldenkipper in den Minen. Die Mulde ist etwa 6 Meter breit und 12 Meter lang. Neben der Straße fährt ein Zug mit drei schweren amerikanischen Dieselloks und Anhängern voll mit Kupferplatten. Das ganze schwer bewacht wie ein Geldtransport. Hin und wieder sieht man aufgegebene Städte und Salpeterminen. Es geht zügig runter bis Antofagasta und ich bin bereits um 15:00 Uhr im Hotel. Duschen, umziehen und schnell starten zum Stadtbummel in die grosse Fußgängerzone. 3 x Antofagasta
Am Abend noch mal kurz den Fernseher im Zimmer angemacht. Mach ich sehr selten. Hier bekommt man ein völlig falsches Schönheitsideal vermittelt: Klein und breit müssen Frauen sein. So sieht es jedenfalls aus, wenn alle 16:9 Fernseher ein 4:3 Bild darstellen. Und da alle Fernseher so eingestellt sind, empfindet jeder das verzerrte Bild als richtig und real. Da bekommt man echt "Augenkrebs". Ich habe in den ganzen Wochen hier in Südamerika noch keinen einzigen Fernseher gesehen, der richtig eingestellt war. Aber in jedem Hotel habe ich - wenn möglich - den Fernseher wieder auf 4:3 umgestellt und einen Pincode aufs Menü gelegt :-) Überhaupt ist Südamerika das Land der Leggins. Bestimmt die Hälfte der Frauen läuft damit rum. Sitzt immer wie angegossen, kneift vielleicht manchmal im Schritt und verdeckt großzügig alle kleinen Speckröllchen und figürlichen Unzulänglichkeiten ;-) Noch eine komische Angewohnheit sieht man oft: die Leute telefonieren mit eingeschaltetem Lautsprecher, hören am Ohr und beim Sprechen wird das Telefon vor den Mund gehalten. Macht etwa die Hälfte aller Leute. In der Stadt fallen mir viele fliegende Händler mit ihren DVD Standen auf. Geschäfte, in denen man DVD und CD kaufen kann gibt es nicht. In allen Ländern, die ich bisher besucht habe. Das gesamte Geschäft wird über fliegende Händler mit "Raubkopien" abgewickelt. (Do) 04.06.2015 --- Antofagasta > Caldera. Nur noch vier Tage. Von Antofagasta erfolgt der Anstieg auf die Hochebene. Auf 300 Höhenmetern steht Nebel mit Sichtweiten von 50 Metern. Erst auf fast 1.000 Höhenmetern ist man wieder bei der Sonne. 30 Kilometern hinter Antofagasta kommt die "Mano del Desierto" (Hand in der Wüste), ein Mahnmal für mehr Umweltschutz. Ich mache einen Fotostopp. Es ist mein letzter touristischer Höhepunkt auf dieser Reise. ![]() Mano del Desierto bei Antofagasta/Chile Es geht weiter durch die Atacama Wüste. Heute 420 km ohne eine Ansiedlung. Das ist wie von Paderborn nach Flensburg ohne irgendetwas. Unterwegs kommt ungeplant eine Copec Tankstelle. Sonst wäre es mit dem Sprit knapp geworden und ich hatte die Reservekanister nutzen müssen. Bei 320 km habe ich noch 4 Liter Reserve. Das reicht gerade für 120 Kilometer. Man muss unterwegs genau rechnen. Außerdem verbraucht die Kleine natürlich beim Anstieg und bei höheren Drehzahlen mehr. Gegen 16:30 Uhr kommt mein Tagesziel Chanaral in Sichtweite. Seit dem Abstieg aus der Atacama zum Pazifik fällt auf, das sie Wüste richtig grün ist. Hier muss es vor kurzem ordentlich geregnet haben, denn auf der Straße und am Straßenrand sieht man noch die Reste von Schlamm. Sie Stadt kommt näher. Die Ruta 5 ist gesperrt und die Umleitung führt durch den Ort. Rechts und Links stehen die Wracks von mehreren LKW. Als ich durch die Stadt in Richtung des vorher ausgesuchten Hotels fahre, fühle ich mich wie in einem Kriegsgebiet. Hier ist vor einigen Tagen eine gewaltige Schlammlawine durch den Ort gerollt. überall wird aufgeräumt und Schlamm weggeschafft. Mein Hotel gibt es auch nicht mehr. Die Hauptstraße Ruta 5 ist weg. Der Supermarkt ist weg. In der Kirche liegt 3 Meter hoch der Schlamm und Geröll. 3 x Schlammlawine Chanaral
Ich beschließe, zum nächsten Ort in 80 Kilometern zu fahren. Müsste ich gerade noch bei Tageslicht schaffen. Auf einer kurzen Rundfahrt durch den Ort - gejagt von etlichen Hunden - entscheide ich mich für ein einfaches Hotel. 52,- Euro sind allerdings übertrieben. Aber was will man, wenn der nächste Ort wieder sechzig Kilometer entfernt ist. Am Abend gehe ich in eine "Empanaderia". Dort bekomme ich die schlechteste Pizza, die ich in den letzten fünfzig Jahren gegessen habe: runder Teigboden 3 cm hoch belegt mit einigen Tomatenscheiben, Mais und Schnittbohnen aus der Dose, mit Käse überbacken. Fertig ist die "Pizza Vegetariana". Grauenhaft. So schlimm, das ich mich nicht mal ein Foto für mein Horrorkabinett gemacht habe. (Fr) 05.06.2015 --- Caldera > Vallenar > La Serena. Heute Morgen ist es ziemlich ungemütlich auf dem Motorrad: 8 Grad, Neblig, Feucht. Die Ruta 5 ist bestens ausgebaut. Überhaupt sind die Straßen hier in Chile besser als bei uns in Deutschland. Auf der Ruta 5, die einzige Straße von Nord nach Süd, muss ich wieder Maut zahlen. Umgerechnet 1 Euro auf 50 Kilometer. Teurer als in Deutschland für Motorradfahrer ;-) Aber das dicke Ende kommt für die deutschen Autofahrer ja noch. Die böse EU lässt den Politikern ja keine andere Wahl. Und die hätten so gerne die Autofahrer entlastet. Zitat: "Mit mir wird es keine Maut geben". Folge: Das Maut-Gesetz bleibt bestehen, das Kfz-Steuer- Entlastungsgesetz wird von der EU kassiert. Tut uns ja so leid ... Die Landschaft wechselt von Wüste auf Steppe. In Vallenar mache ich Halbzeitpause. Neben der Tankstelle eine große Zeltstadt und auf der Tankstelle etwa 10 aggressiv bettelnde Zigeunerfrauen. Auch die Chilenen machen die Fenster hoch und schließen ihre Autos ab. Die sind doch wohl nicht Fremdenfeindlich? La Serena ist mein letzter Stopp vor Valparaiso. Das Hotel liegt hinter einer unscheinbaren Front ziemlich ruhig im Innenbereich eines Blocks. Der Besitzer, ein Schotte, gibt mir noch einige Restauranttipps. Ich muss nochmal am Motorrad schrauben und die Kette spannen. Die hat sich in den letzten Tagen gelängt und rasselt und knackt furchtbar. Die ist jetzt wirklich am Ende. Wird aber wohl noch die letzten 400 Kilometer halten. (Sa) 06.06.2015 --- La Serena. Mache heute noch einen letzten Ruhetag in La Serena, bevor der Rückreisestress beginnt. Habe heute Morgen den Rückflug geplant, einen eventuellen Abstecher auf die Osterinsel und für die Überbrückung noch ein Hotel in Santiago de Chile. Damit die Planung nicht so einfach wird: hier läuft gerade der "Copa America 2015" an. Fußball. Haupt-Austragungsort ist Santiago de Chile. Und an den Tagen, an denen ich in Santiago bin, spielt Chile. Chaos ist damit schon vorprogrammiert. Auch das Wetter hat sich in den letzten Tagen ziemlich abgekühlt. Nachts sind es nur nur 5 Grad, tagsüber 15 Grad. Nur in der Sonne kann man es noch aushalten. Auf dem Motorrad ist es jetzt ziemlich ungemütlich. Und in den letzten Hotelzimmern war es zu kalt und mit einem zu kleinen Radiator nicht warm zu kriegen. Selbst gestern Abend im Restaurant saßen die Leute beim Essen in Daunenjacke und mit Schal. Ist erklärbar: Ich bin in den letzten Tagen auch stramm 2.500 Kilometer nach Süden gefahren. Die Strecke Oslo bis Süditalien. Und in zwei Wochen beginnt hier der Winter. Wird Zeit, dass ich nach Hause ins Warme fliege ... (So) 07.06.2015 --- La Serena > Valparaiso / "Villa Kunterbunt". Endspurt ... die letzten 420 Kilometer bis Valparaiso. Auf halber Strecke mache ich Stopp an einer Tankstelle und wärme mich nach zwei Stunden im feuchtkalten Nebel in der gerade herausgekommenen Sonne auf. Ist das ein komisches Gefühl. Der letzte Fahrtag. Jetzt nur noch 220 Kilometer, dann ist es vorbei. Ich hatte noch Monate herumfahren können. Man kann sich an dieses Reisen gewöhnen und kommt mit erstaunlich wenig aus. Seit dem Start sind rund viereinhalb Monate vergangen. Ich habe rund 23.000 Kilometer gefahren und bin in sieben Ländern gewesen. Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Ich kann mich noch an viele Einzelheiten erinnern, die aber erschreckenderweise schon vor etliche Wochen oder gar Monaten waren. Ich habe viele Menschen kennen gelernt, konnte viele Eindrücke sammeln, habe rund 10.000 Fotos geschossen, habe einige touristische Highlights gesehen, bin unheimlich schöne Strecken gefahren, habe tausende Kilometer in der Wüste und Steppe, auf Küstenstrassen und auf Hochgebirgsstrassen gefahren. Ich habe an meinem Wunschziel am Fjord "Ultima Esperanza" (Letzte Hoffnung) in Puerto Natales gestanden. Ich habe im Stadtverkehr von La Paz und Lima geflucht, bin vom Bus gestreift, bin oft abgedrängt worden. Vergessen. Ich habe gut gegessen und übernachtet, häufig aber auch schlecht. Ich war hin und hergerissen und habe mich gefragt, warum ich so einen Blödsinn mache. Und wenn ich jetzt Bilanz ziehen soll: Ja, es hat sich gelohnt ... und Ja, ich würde es wieder machen. Am Nachmittag komme ich in der "Villa Kunterbunt" in Valparaiso an. 22.866 Kilometer mehr stehen auf dem Tacho. Alles ist gut. + + + ENDE DER REISE + + + Bildergalerie Nr. 19: Chile II Hier geht´s zu den Bildergalerien |