40.000 km.   8 Monate.   1 Motorrad.

Teil 3: Argentinien
Von Ushuaia auf der Ruta National 3 bis Buenos Aires
Mo. 23.02. - Do. 11.03.2015
3.500 km


23.02.2015 (Mo) Ushuaia -> Rio Grande.
Der eigentliche Start meiner Reise erfolgt heute: Ab jetzt geht es nur noch nach Norden. Ushuaia verabschiedet sich im Dauerregen bei 8 Grad. Später am Tag hört der Regen auf, dafür kommen heftige Sturmboen, die einen um bis um bis zu 2 Meter versetzen. Dann darf niemand entgegen kommen. Und zu weit rechts sollte man auch nicht sein. Heute "nur" 240 km bis Rio Grande, weil danach nicht viel kommt. ... und bloß nicht in das Schäbighotel von der Hinreise.

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Quelle: Google Maps

24.02.2015 (Di) Rio Grande -> San Sebastian -> Transit Chile -> Cerro Sombrero --> Fähre Magellanstrasse --> Passo Integral Austral --> Rio Gallegos.
Beim Start am Morgen sehe ich zwei Deutsche Motorradfahrer, die ich im Laufe des Tages immer wieder treffe. Martin Oberfell und Melanie Blaschke. Wir treffen uns an so jeder Tanke, an den Grenzkontrollpunkten und auf der Fähre über die Magellanstraße wieder. Es wird ein ziemlich langer Tag. In Rio Gallegaos habe deshalb schon vorausschauend ein ich Hotel gebucht. Ein Grenzübergang ist gemeinsam von Chilenen und Argentiniern besetzt: "Paso Internacional Integracion Austral". Natürlich stehen wir an dem für die falsche Richtung an. Insgesamt 60 Minuten verloren. Als wir an der Reihe sind, werden wir aufgeklärt und 200 Meter weiter zur anderen Abfertigung geschickt. Hier dauert die ganze Prozedur - mit Laufzettel für fünf Stempel - keine 10 Minuten. Ärgerlich.

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Quelle: Google Maps

25.02.2015 (Mi) Rio Gallegos -> Puerto San Julian.
Fahrtag. 350 km. Ich treffe Martin und Melanie in gewohnter Weise an allen Haltepunkten wieder. Die Strecke bietet nichts besonderes. Was macht man eigentlich während der Fahrt? Am Anfang zähle ich tote Kaninchen. Kann man zum Beispiel auf 100 km hochrechen. Oder den Spritverbrauch berechnen. Oder in den Helm singen. Irgendwann gehen mir die Lieder aus. Der Nächste hat bestimmt Bluetooth und eingebaute Lautsprecher. Bei solch einer Strecke macht das Sinn. Die Kollegen hatten ja vorgeschlagen, das ich mir in dieser Situation erotische Geschichten ausdenke und in einem anderen Blog veröffentliche. Wie kommen die nur auf diese Idee ... ? Am Abend zelte ich mit Martin und Melanie auf dem "Camping Muncipal", auf dem städtischen Campingplatz zu 65,- AR$. Es ist staubig und der Wind nimmt in der Nacht zu. Dazu kommen die Dorfdeppen, die ihre Kreise mit den Tiefergelegten drehen. Eine ziemlich ungemütliche Nacht. Morgen gönne ich mir wieder ein richtiges Bett!

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Reiseblog von Melanie Blaschke und Martin Oberfell

26.02.2015 (Do) Puerto San Julian -> Tres Cerros -> Fitz Roy -> Caleta Olivia -> Rada Tilly -> Comodoro Rivadaiva.
Nur Fahren. 420 km. Steppe bzw. Wüste. Langweilig. Treffe an den Treffpunkten (Tankstelle und Imbiss) immer wieder auf Melanie und Martin. Am Kilometerschild "RN 3 - 2050 km" stoppe ich für ein Foto. Wie aus dem Nichts erscheint eine Gestalt mit Warnweste und Union Jack an einem langen Stock. Er stellt sich als Martin Hutchinson aus Großbritanien vor. Martin ist zu Fuß unterwegs und vor 8 (!) Jahren in Mexico gestartet. Er ist auf dem Kontinent mittlerweile als "Caminante" oder Wandernder Feuerwehrmann in Funk und Fernsehen bekannt (Google/Facebook/Youtube: Martin Hutchinson Caminante). Ich überlasse ihm mein Wasser, denn zum nächsten Ort sind es noch 65 Kilometer.

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Martin Hutchinson (GB)

Melanie und Martin wollen heute auf dem städtischen Campingplatz von Rada Tilly übernachten. Ich finde nach einigem Suchen den Campingplatz. Da es keine Versorgung und keine Restaurants gibt und ich keine Lust auf zelten habe, entschließe ich mich, bis nach Comodoro Rivadaiva zu fahren und dort eine Hotel zu suchen. Ich finde ein gutes Hotel und nebenan ein Steakhouse. Als Belohnung für den Tag gibt es eine Dusche, Steak und ein kaltes Bier in der Literflasche und hinterher ein bequemes Bett.

27.02.2015 (Fr) Comodoro Rivadaiva.
Bleibe noch einen zweiten Tag. Ruhetag. Heute mache ich nix.

28.02.2015 (Sa) Comodoro Rivadaiva -> Trelew.
Nur Fahren. 380 km. Nichts für´s Auge. Steppe. Flach. Geradeaus. Blauer Himmel. 5 Stunden fahren. Vielleicht insgesamt 100 Pkw und 50 LKW gezählt . Auf der Strecke ein Ölförderlager mit Rohren. Zwei Sendemasten. Alle 10 km eine SOS Telefonsäule mit Solarpanel. Kein Telefonnetz. Zwei Tankstellen, davon eine ohne Sprit. Zwei Imbisse in den Tankstellen. Beide geschlossen. Sonst nix. Nur mal so zum Vergleich: Die Strecke entspricht etwa Paderborn bis Kiel. Die Temparatur ist merklich gestiegen auf über 30 Grad. Abends wird es jetzt schneller und eher dunkel. Am Abend hilft nur eine Flasche Bier gegen diesen Irrsinn.

01.03.2015 (So) Trelew -> Peninsula Valdez -> Puerto Piramides.
Dritte Stadt und dritte Nacht mit Autoterror: Jugendliche fahren bis zum Sonnenaufgang um 6:00 Uhr Privatrennen in der Stadt. Tiefer-Breiter-Lauter. Ampelstarts mit quietschenden Reifen. Warum lassen sich die Argentinier das gefallen? Wo ist eigentlich die Polizei? In Ushuaia hatten sie viele Schwellen in den Strassen und hohe Präsenz (wahrscheinlich wegen der Touristen). Alle ´tiefergelegten´ fuhren brav Schritttempo in der Innenstadt. Außerdem war es in der Nacht viel zu ungemütlich draussen. Aber hier ist es warm mit ausgedehnter Siesta am Nachmittag. Alles verrammelt bis 17:00 Uhr. An jeder großen Strasse Polizeikontrollstellen. Man wird in der Regel gefragt, wo man hin will. Hallo? Eine Strasse im Umkreis von Hundert Kilometern und zwei Fahrtrichtungen. Hallo, Herr Polizei? Wo will ich hin? Hab ihr sie noch alle beisammen? Aber Autoterrror die ganze Nacht.

02.03 - 03.03.2015 (Mo-Di) Puerto Piramides.
Drei langweilige Tage auf der Peninsula Valdez (UNESCO Welterbe). Leider sind die Wale schon im November weiter gezogen. Gibt sonst nicht viel zu gucken. Pinguine (80 km Schotterpiste) oder Seelöwen (5 km Wandern bei 32 Grad Celsius). Schenke ich mir beides und mache ein paar ausgedehnte Mittagsschläfchen ...

04.03.2015 (Mi) Puerto Piramides. -> Las Grutas.
Nur Fahren. 380 km. Immer geradeaus. Steppe und Wüste. Langweilig. ´Boring´ - wie bereits in der ´Villa Kunterbunt´ vorhergesagt. Am Nachmittag ist es drückend heiss bis 38 Grad. Trotzdem bekommt das Motorrad eine Wäsche spendiert, damit man uns in ein paar Tagen nach Uruguay reinläßt. Bis auf 200 m "Fußgängerzone" sind die meisten Strassen im Ort "Natur". Alles Staubig und unter den Augenlidern knirscht es. Zur Belohnung gibt´s zwei Flaschen Bier (... und die haben 970ml ... und verdunsten innerlich).

05.03.2015 (Do) Las Grutas -> Bahia Blanca.
Nur Fahren. 450 km. Am Nachmittag ändert sich die Landschaft auf wenigen Kilometern. Plötzlich grün, Felder, Farmen, Zwiebeln, Mais. Das Auge bekommt wieder etwas zu tun. Der Verkehr nimmt langsam zu. In Bahia Blanca (350.000 Einwohner) habe ich ein gutes Hotel zum fairen Preis vorgebucht ... und am Abend gibt es ein Steak und Bier zur Belohnung.

06.03.2015 (Fr) Bahia Blanca -> Tres Arroyes -> Azul.
Nur Fahren. 380 km. Habe mich heute auf einer Estancia angemeldet. Kaufe unterwegs noch ein Bier (970ml) und genieße den Nachmittag (und die 970ml) draussen im Schatten der Bäme. Die Gastgeber und der Koch sind gewohnt neugierig. Abendessen gibt es ... vielleicht ... wir können uns ja nicht verständigen. Um 22:00 Uhr riecht es auf jeden Fall nach Essen. Um 22:30 steht dann das Essen auf dem Tisch. Das 2-jährige Kind aus dem Nachbarzimmer muss natürlich auch dabei sein.

07.03.2015 (Sa) Azul -> Buenos Aires.
Der Verkehr wird dichter, die Strassen werden breiter, die Häuser werden höher. Capital Federal Buenos Aires kommt näher. Noch 30 Kilometer. Auf der Stadtautobahn muss ich wieder Maut zahlen: Umgerechnet 0,20 Euro. Alle paar Kilometer. Selbst beim Anbremsen für die Mautstation wird noch gedrängelt und überholt. Dafür lasse ich mir richtig Zeit, ziehe die Handschuhe aus und suche nach meinem Geld. Der Drängler hinter mir ist gernervt. ... Auf fünf und mehr Spuren, teilweise ohne Kennzeichnung, geht es in die Innenstadt. Ich habe ein Hotel direkt am Obelisken gebucht. Alle fahren kreuz und quer. Bloß nicht zur Seite oder nach hinten gucken. Ich komme lebend im Hotel an. ´Frau Garmin´ hat gute Arbeit geleistet und mich richtig herum in die Avenida Corrientes gelotst. Duschen, Facetime mit Gaby, Stadtbummel, Steak und Bier ... das übliche. Am Abend sind noch 25 Grad und die Stadt ist voll wie die Innenstadt von Paderborn zu Libori.

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08.03.-11.03.2015 (So-Mi) Buenos Aires.
Habe mir beim Einzug in das Hotel eine ordentliche Erkältung durch die Klimaanlage eingefangen und leide. Nebenbei mache ich noch einige ausgedehnte Stadtspaziergänge zum "Plaza de Mayo" mit dem Regierungssitz "Casa Rosada" und der Kathedrale, zu den Docks des "Puerto Madero". Ich besichtige die zwei Marine- und Museumsschiffe an den Docks und den Friedhof "Recoleta" mit dem Grab von Eva Duarte de Peron ("Evita"). In den zehn Jahren seit meinem letzten Besuch hat sich - außer den Preisen - nicht viel geändert. Die Stadt ist das krasse Gegenstück zum restlichen Land.



+++ ENDE TEIL 3 +++

Bildergalerie Nr. 11: Argentinien - Ruta National 3
Bildergalerie Nr. 12: Argentinien - Buenos Aires

Hier geht´s zu den Bildergalerien ...
Hier geht´ weiter zum Teil 4: Uruguay

B I L A N Z

Meine Bilanz der letzen sieben Wochen:

Am 07.03.2015 bin ich in Buenos Aires angekommen. Ich bin an der chilenischen Küste und im Seengebiet, auf der Isla Chiloe und auf der Carretera Austral unterwegs gewesen. Ich war in Argentinien auf der Ruta 40, auf der Isla Tierra del Fuego, in Ushuaia und an der Bahia Lapataia. Ich habe den Ursprung dieser Reise erreicht: "Alaska 17.848 km". Und letzlich bin ich teils einsame 3.079 Kilometer (Paderborn - Kanarische Inseln!) auf der Ruta 3 nach Norden gefahren. Insgesamt habe ich das erste Viertel meiner Reise ohne Probleme absolviert und ca. 9.000 km gefahren. Es ist wie immer: es gibt schöne und weniger schöne Fahrtage. Kurvenreichen Bergstrecken, staubige Schotterpisten und langweilige Pampastrecken. Das gleiche gilt für das Wetter (Hochsommer mit 8 Grad in Feuerland und 38 Grad in der Pampa), für die Unterkünfte (von Sehr Gut bis Grottenschlecht und nicht immer mit dem Preis (15,- bis 120,- Euro) gleichzusetzen) und für das Essen. Negative Erfahrungen habe ich nicht gemacht. Und Unsicher oder Unwohl habe ich mich auch nirgendwo gefühlt.

Ich habe viele Menschen kennengelernt: Motorradfahrer und andere Reisende aus vielen Ländern. Ich habe viele interessante Geschichten und Beweggründe für deren Reisen gehöhrt. Ich hatte fast jeden Tag eine besondere Begegnung gehabt. Die Menschen (Chilenen, Argentinier) gehen offen und interessiert auf einen zu und fragen gerne: "Woher? Wohin?". Leider reicht mein Spanisch nur für eine grundlegende Konversation. Viele holen auch ihre Englischkentnisse heraus. Und zur Not geht´s auch mal mit Händen und Füßen. Ich habe viele "Schulterklopfer" erhalten ... die typische Art der Anerkennung für daß, was man macht. Auch ein Motorradpolizist (auf BMW R1200RT) war dabei.

Manche Dinge nerven auch. Auf der Strasse wird man Häufig angeblinkt und angewunken und sieht den aufgerichteten Daumen. Kann auch der "Rallye Dakar" - Effekt sein. Motorsportverrückt sind sie nun mal. Die Jugendlichen hört man in den größeren Städten die ganze Nacht um den Block fahren und Ampelstarts mit quietschenden Reifen üben. Und die Polizei liegt im Bett, um für die Arbeit an den typischen Straßenkontrollpunkte am nächsten Tag fit zu sein. Der Sinn der Kontrollpunkte erschließt sich einem Europäer aber nicht. Genauso sinnlos sind für einen Europäer die Grenzkontrollen, bei denen nix kontrolliert wird, sondern nur Papier erzeugt und mit Hingabe gestempelt wird. ... Und leider ...

Liebe Argentinier: Ihr fahrt manchmal wie die Idioten, schneidet und drängelt ohne Sinn und Verstand. Niemals der Zweite sein (was macht ihr bloß, wenn ihr mal nur Vizeweltmeister ... ?). Hinter jedem Auto klebt auf der Nationalstrasse mindestens ein zweites im Überholmodus. Und das auf Straßen, die bis zum Horizont gehen. Gewöhnt Euch mal die südländische Gelassenheit an! Als Motorradfahrer finde ich es bedrohlich, wenn jemand mit zwei Meter Abstand hinter mir oder mit 30 cm neben mir fährt ... und es gibt immer wieder ein schönes Schlagloch, dem man ausweichen muss! Auch deshalb lasse ich einen Sicherheitsabstand zum Vorderman! Und ich fahre kein 125er Mopped wie die Einheimischen.

Auch das ständige Vordrängeln nervt. In vielen Geschäften gibt es "Nummern-Zieh-Maschinen" - nicht ohne Grund. Ihr kommt immer mit der ganzen Familie zum Einkaufen ... und einer wird gleich an der Kasse abgestellt. Und plötzlich steht die ganze Sippe mit vollen Einkaufskörben vor einem. Oder das berüchtigte "Una Pregunta"-Vordrängeln (Nur eine Frage ...). Oder an der Grenzkontrolle: Ich bin LKW-Fahrer ... lasst mich vor. Glaubt ihr, ich stehe in voller Motorradbekleidung zum Spass in der Schlange? ... Aber eigentlich seit ihr ja ganz nett :-)

Ich bin neugierig auf die nächsten Abschnitte dieser Reise ... Peter.

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